Sozialpolitiker der Grünen, Sven Lehmann (MdB) in Siegen mit Vortrag zum Thema Hartz IV, seine negativen Folgen und notwendige Umgestaltung

„Sozialpolitik hat bei Bündnis90/Die Grünen einen hohen Stellenwert. Es geht um Schutz vor Armut und Abbau von Angst vor gesellschaftlichem Abstieg“, so Kreissprecherin der Grünen in Siegen – Wittgenstein, Christiane Luke, zur Begrüßung der Besucher*innen, die zum Vortrag des Grünen – Sozialpolitikers Sven Lehmann (MdB) im frei:raum in Siegen zusammen gekommen waren.

Sven Lehmann formulierte seine Kritikpunkte an Hartz IV: “ Wir sprechen  von 1,2 Millionen „Aufstockern“, die von ihrer Arbeit nicht leben können. Das System „Fördern und Fordern“ funktioniert nicht: Mit 40.000 Sanktionen drückt es die Menschen unter das Existenzminimum, manchmal sogar in die Wohnungslosigkeit. Es erzeugt „verdeckte Armut“ bei geschätzt 1,5 Millionen Menschen, denen die Beantragung zu schwierig ist oder die sich schämen, die Leistung in Anspruch zu nehmen. Kinder, in arme Familien geboren, lässt es automatisch auch arm werden. Partner zieht es durch die Bedarfgemeinschaftsregelung ebenfalls in die Armut. Zudem ist der Regelsatz so heruntergerechnet, dass er eine grundgesetzlich zugesicherte Teilhabe nicht ermöglicht und nach übereinstimmender Ansicht aller Sozialverbände auf mindestens 516 Euro angehoben werden müsste.“
Das System Hartz IV müsse von einem System der Sanktionierung durch eines ersetzt werden, das mehr mit Unterstützung und Belohnung agiert, darüber sah sich Lehmann mit den anwesenden Gäste einig.

Viel zu großer Antrags- und Verwaltungsaufwand verbunden mit vielen verschiedenen Anlaufstellen sei für die Leistungsempfänger eine oft zu große Hürde. Angela Jung, Grüne im Sozialausschuss der Stadt Siegen: „Das sogenannte Bundesteilhabegesetz erfüllt seinen Zweck in keiner Weise: So sollen für Kinder z.B. 10 Euro im Monat reichen für eine Mitgliedschaft im Fußballverein, jedoch reiche das Geld dafür und für Fußballschuhe und -kleidung schon gar nicht!“ Zudem beantragten ca. 2/3 der leistungsberechtigten Empfänger diese ihnen zustehende Leistung gar nicht, weil sie nicht davon wissen oder die Beantragung zu kompliziert sei.

Als Ersatz für Hartz IV brachte der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, ein Grundeinkommen für alle mit Bedarfsprüfung in die Diskussion zur Umgestaltung des Hartz IV-Sozialleistungssystems. Jedoch bedürfe auch dieser Vorschlag nach Meinung von Lehmann und vieler der Anwesenden noch weiterer Diskussion und Überlegungen.

Die derzeitigen Stellungnahmen der anderen Parteien zur Umgestaltung von Hartz IV war auch Thema. Sven Lehmann: „Die SPD „lichtert umher“, CDU/CSU und FDP möchten unbedingt an dem „bewährten“ System festhalten, u.a., weil seit Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 zur Freude der Wirtschaft die Löhne auf einem Tiefstand gehalten werden konnten.“

Sven Lehmann bedankte sich für den Abend mit einer sehr angeregten Diskussion und versprach die mit“ besonders viel Expertise und Leidenschaft“ vorgetragenen Anregungen mit in die bundespolitische Diskussion zum Thema einzubeziehen.

Westfälische Rundschau v. 14.12.2018

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