Arme Wirtschaft, die solche Freunde hat!
Zu den offenbar unausrottbaren Klischees gegenüber uns Grünen gehört offensichtlich das Vorurteil, dass Grüne und Wirtschaftskompetenz sich nicht vertragen würden. So wirft der DGB uns vor, wir seien ‚industrie- und entwicklungsfeindlich‘ und nähmen die regionalen Infrastrukturprobleme ‚aus ideologischen Gründen nicht zur Kenntnis‘. Brase und Heinrichs blasen in dasselbe Horn. Und ganz dick tragen CDU, FDP und UWG auf, indem sie uns vorwerfen, ‚auf polemischen und zynischen Weise mit den Sorgen und Nöten der Bürger zu spielen‘ (allesamt Zitate aus den Presseveröffentlichungen der letzten Tage zur Debatte um die sog. Route 57).
An diesen längst abgestandenen Klischees und Vorurteilen ist das Ärgerliche nicht, dass sie weder unseren Absichten noch unseren Inhalten gerecht werden – damit muss man im politischen Geschäft leben. Nein, das Ärgerliche besteht darin, dass sie mit einer Realitätsverweigerung einhergehen, die unsere Region kein Stück weiterbringt. Wenn wir etwa den Abschied von Straßenbau-Illusionen a là Breuer fordern, so stehen wir in einer Reihe mit dem Siegener Leiter des Landesbetriebs Straßen.NRW, der fordert, ‚die Spreu vom Weizen zu trennen‘. Wenn wir die Ertüchtigung und den Ausbau von bestehenden Straßen fordern, so nehmen wir die jetzt bestehenden Sorgen von Betrieben und Arbeitnehmern ernst und vertrösten sie nicht auf Projekte, die in den nächsten 15 bis 20 Jahren ohnehin keine Chance auf Umsetzung haben, un zwar nicht, weil wir Grüne im Weg stünden, sondern weil die Planungsphasen eben so lange dauern.
Unsere Straßenpolitik ist also purer Realismus. Und was hat die Gegenseite dagegen anzubieten? Seit dreißig Jahren Wolkenkuckucksheime! Und nun, nachdem für dieses Wolkenkuckucksheim mal wieder ein neuer Name gefunden wurde – „Route 57″ – fallen die Befürworter öffentlich übereinander her und zeigen einmal mehr, dass sie selbst nicht wissen, was sie wollen: Breuer träumt seine alten A4-light-Träume, Brase und Heinrichs widersprechen vehement. So sei das doch alles nicht gemeint. Auch der DGB ruft: Quatsch, was der Breuer da fordert. Dann kommen CDU, FDP und UWG aus der Hecke und rufen ‚Doch! Doch! – Genau das wollen wir: auf nach Frankenberg!“
Ein total zerstrittener Haufen also. Und die IHK ist obendrein stinkig auf den Landesbetrieb, weil der soviel Aufhebens darum macht, dass der ganze Straßenzirkus ja so furchtbar teuer sei. Arme Wirtschaft, die solche Freunde hat!
Fazit: Der Vorwurf der Asphaltclique, grüne Politik sei industriefeindlich, fällt auf diese zurück! Richtig ist: Wir Grüne haben einen langen Atem. Dreißig Jahre hat die von uns im Schulterschluss mit vielfältigen Bürgerbewegungen geforderte Energiewende gebraucht, bis sie im letzten Jahr regierungsamtlich wurde. Mit der Verkehrswende wird es vermutlich nicht schneller gehen. Aber irgendwann wird sich auch da unser grüner Realismus durchsetzen. Denn auf Dauer lassen sich Wirtschaftlichkeit und Umweltdenken, Ökonomie und Ökologie nicht gegeneinander ausspielen – auch nicht in unserer starken Industrieregion Südwestfalen mitten im Grünen!
Dr. Peter Neuhaus
Sprecher Kreisverband Grüne Siegen-Wittgenstein
Kirchweg 6
57271 Hilchenbach
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