Der Kreisverband der Grünen in Siegen-Wittgenstein lud jetzt (23.11.2011) zu einem hochkarätig besetzten Podium in die Weiße Villa nach Kreuztal ein. Auf dem Programm stand die beschleunigte Energiewende als Herausforderung und Chance für Südwestfalen.
Als Referenten konnten die Grünen den Klimaschutzminister des Landes Nordrhein-Westalen, Johannes Remmel, den Regierungsvizepräsidenten der Bezirksregierung Arnsberg, Volker Milk, sowie den Vizepräsidenten des international anerkannten Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie, Prof. Manfred Fischedick begrüßen.
Der Einladung folgten rund 100 Interessierte aus Politik, Industrie und Wirtschaft sowie zahlreiche interessierte Bürgerinnen und Bürger.
In einem ersten Aufschlag erläuterte Klimaschutzminister Remmel die Klimaschutzgesetzgebung der nordrhein-westfälischen Landesregierung: „Wir werden die internationalen Klima-Ziele nur erreichen, wenn wir in NRW unseren Beitrag dazu leisten. Denn bei uns werden rund 30 Prozent des deutschen Stroms erzeugt. Der größte Teil davon wird auch bei uns verbraucht. Hier wird etwa ein Drittel aller in Deutschland entstehenden Treibhausgase ausgestoßen. Deshalb stehen wir in der Verantwortung, diesen Klimawandel als globale Herausforderung anzunehmen, seine Auswirkungen zu mildern und alles Erdenkliche zu tun, um ihm mit einer ehrgeizigen Klimaschutzpolitik zu begegnen“, erklärte der Minister.
Nordrhein-Westfalen werde bei der Energiewende für Tempo sorgen: „Als Industrieland Nr. 1 in Deutschland und Europa wollen wir zugleich das Klimaschutzland Nr. 1 in Deutschland und Europa werden! Der Weg dahin führt über das Klimaschutzgesetz, mit dem wir eine Vorreiterrolle in Deutschland übernehmen. Unser Ziel ist die Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 um mindestens 25% und bis 2050 um mindestens 80% gegenüber 1990“.
Zur „Gretchenfrage“ des Abends, ob die Energiewende eher ein Risiko oder eher eine Chance für NRW und insbesondere für Südwestfalen sei, ließ Remmel keinen Zweifel an seiner Überzeugung: „Die Energiewende ist gerade für uns eine Mega-Chance. Denn wir sind bestens darauf vorbereitet! Mit dem Klimaschutzgesetz schaffen wir eine Leitentscheidung für mindestens 30 bis 40 Jahre. Das bedeutet für Industrie und Wirtschaft eine Investitionssicherheit, um die man uns auch im Ausland beneidet.“ Als konkrete Beispiele nannte der Minister Einspar- und Effizienztechnologien, Baumaßnahmen im Bereich der Gebäudesanierung und den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere im Bereich der Windenergie: „Bereits heute haben wir in Nordrhein-Westfalen die weltweit höchste Standortdichte von Getriebeherstellern für Windenergieanlagen. Sechs der weltweit führenden Getriebehersteller haben ihren Sitz bei uns. Beinahe jedes zweite weltweit in Windenergieanlagen eingesetzte Getriebe stammt bereits aus Nordrhein-Westfalen!
Insgesamt sind in NRW bereits über 260.000 Menschen im Energiebereich beschäftigt.“
Klimaschutz, so das Fazit des Ministers, sei „keine Umweltromantik, sondern pure ökonomische Vernunft! Nichtstun käme uns weit kostspieliger als zu handeln. Wenn wir dem Klimawandel nicht wirksam begegnen, kommen auf Deutschland Kosten durch Klimaschäden bis zum Jahr 2050 von bis zu 800 Milliarden Euro zu. Davon entfallen auf NRW mehr als 70 Milliarden Euro.“
Prof. Fischedick konnte an die Ausführungen des Ministers nahtlos anknüpfen und forderte eine engagierte Klimaschutzpolitik auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen: „Wenn wir nicht sofort und konsequent unsere längst vorhandenen Einsichten in die Folgen des von Menschen veursachten globalen Klimawandels in praktisches Tun umsetzen, werden wir das 2-Grad-Ziel reißen – mit unabsehbaren Folgen für Mensch, Umwelt und Natur.“ Das 2-Grad-Ziel bezeichne die maximal zu tolerierende Erhöhung der globalen Temperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit, bei der die Folgen des Klimawandels einigermaßen beherrschbar seien und auf das sich die Staatengemeinschaft im Jahr 2010 im mexikanischen Cancun geeinigt habe. „Alles deutet allerdings darauf hin, dass die Politik den von ihr selbst gesteckten Zielen nicht folgt. Besonders im Bereich der Energieeffizienz weichen Realität und Zielsetzung deutlich voneinander ab“, bedauerte Fischedick. Dabei mache allein die Realisierung des Einsparpotentials durch Energieeffizienz in Deutschland die Kraftwerksleistung von 10 Kernkraftwerken überflüssig.
Auch für den Vizechef des Wuppertal-Instituts ist die Energiewende nicht nur ökologisch geboten, sondern ökonomisch sinnvoll: „Wenn die hervorragende Position Deutschlands gehalten wird, schafft die Energiewende gute Aussichten auf den wachsenden Weltmärkten. Denn Untersuchungen zeigen, dass die jährlichen Investitionen in Erneuerbare Energien auf das Drei- bis Fünfache des heutigen Volumens (192 Mrd. US-Dollar im Jahr 2009) ansteigen werden.“
Regierungsvizepräsident Volker Milk bestätigte die Erwartung seines Vorredners im Blick auf Südwestfalen und berief sich dabei auf die von der Bezirksregierung Arnsberg im Februar vorgelegte Machbarkeitsstudie über die „Potentiale Erneuerbarer Energien im Regierungsbezirk Arnsberg“: „Durch den Ausbau Erneuerbarer Energien entsteht innerhalb der nächsten 20 Jahre vor Ort ein Wertschöpfungsvolumen von etwa 4,5 Mrd. Euro. Bei einer verstärkten Ansiedlung von Unternehmen in den Bereichen Herstellung, Betrieb, Dienstleistung und Zulieferindustrie können bis zu 4.200 Arbeitsplätze geschaffen werden, und zwar insbesondere in der Windenergie-Branche, der Biomasse-Branche und der Solar-Branche.“ Südwestfalen solle und könne sich auf den Weg zur Modellregion in Sachen Energiewende machen, lautete die Empfehlung des Regierungsvizepräsidenten: „Das ist unsere Chance!“
Alle Redner betonten, dass die Energiewende ein Projekt sei, bei dem die Bürgerinnen und Bürger „mitgenommen“ werden müssen: “ Die Energiewende geht nicht über die Köpfe der Menschen hinweg. Dialog, Partizipation und die Darstellung der Chancen sind entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende. Sie ist ein großes Gemeinschaftsprojekt – vermutlich das wichtigste, das unsere und die nächste Generation zu stemmen haben“, brachte Klimaschutzminister Remmel die Botschaft des Abends auf den Punkt.
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