Offener Brief an die Kreistagsfraktion B`90/Die Grünen sowie an alle Ortsfraktionen von B´90/Die Grünen in Siegen-Wittgenstein
Die Havarie des Kernkraftwerks in Fukushima hält die Welt seit dem 11./12.März 2011 in Atem. Mit dem neuerlichen GAU genau 25 Jahre nach Tschernobyl ist das Ende des Atomzeitalters endgültig gekommen. Dazu bahnt sich allmählich ein parteiübergreifender Konsens an – getreu dem Motto: Lieber zu spät, als gar nicht.
Auch drei der vier Stromgiganten, die sich den energiepolitischen Kuchen in Deutschland teilen – EnBW, Vattenfall und E.ON – scheinen sich gegen das Ende des Atomzeitalters nicht länger grundsätzlich sperren zu wollen. Sie verzichten jedenfalls gegenwärtig auf eine Klage gegen das Moratorium der Bundesregierung zur Laufzeitverlängerung.
Nur RWE ist offenbar immun gegen die Zeichen der Zeit. RWE-Chef Jürgen Großmann ignoriert den Willen der Mehrheit der bundesrepublikanischen Bevölkerung zum Atomausstieg. Er stemmt sich gegen die Kehrtwende der Bundesregierung in der Atompolitik. Er schürt – zuletzt in einem Brief an 40 Manager, die ihm im Kampf um die Laufzeitverlängerung lobbyistisch zur Seite gesprungen und einen „energiepolitischen Appell“ zugunsten der Atomenergie formuliert hatten – massive Ängste um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Und er versteigt sich zu der These, deutsche Kernkraftwerke seien „absolut sicher“ – was blanker Zynismus ist angesichts der Katastrophe von Fukushima und der damit verbundenen Sorgen der Menschen im Angesicht einer offenbar unbeherrschbaren Technologie.
Ein Unternehmen, dessen Führung in einer derartigen Verantwortungslosigkeit mit den Menschen und ihren berechtigten Sicherheitsinteressen umgeht und dessen Gebahren einen zutiefst undemokratischen Geist verrät, hat das Vertrauen der Menschen verspielt. Es ist nicht geeignet, als Kooperationspartner im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge zu agieren.
Darum bitten wir Euch als Angehörige der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Siegen-Wittgenstein sowie als Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen in den Räten der Städte und Gemeinden im Kreis Siegen-Wittgenstein, im Falle ablaufender Konzessionsverträge mit dem RWE als lokalem Stromversorgungsunternehmen darauf hinzuarbeiten, dass es nicht zur Fortsetzung der Kooperation mit dem RWE kommt und stattdessen alternative Versorger als Kooperationspartner gewonnen werden.
Wir unterstützen ausdrücklich die Rekommunalisierung der Stromversorgung, also die Übernahme der Stromversorgung in Kreis, Städten und Gemeinden in kommunaler Regie. Eine Reihe von Kommunen im Kreis und angrenzenden Kommunen außerhalb unseres Kreisgebietes prüfen derzeit bekanntlich eine solche Strategie – was übrigens vom marktbeherrschenden RWE-Konzern massiv torpediert wird. Ob die Stadt Siegen in einen solchen Versorgerverbund zum jetzigen Zeitpunkt noch eintreten könnte, wäre unbedingt einer Prüfung würdig.
Wir begrüßen auch die Initiative der SPD-Kreistagsfraktion. Sie greift aus unserer Sicht aber zu kurz. Denn es kann nicht nur darum gehen, sich Sorgen um den Wert der vom Kreis gehaltenen RWE-Aktien zu machen. Sondern es geht um die Frage, ob ein Konzern, der seine wirtschaftlichen Interessen so ungeschminkt über die Interessen der Menschen in unserem Land und unserer Region stellt, in Zukunft noch ein kommunaler Partner bei der Daseinsfürsorge sein kann. Wir meinen: Nein!
Den Atomausstieg selber machen – das ist das Gebot der Stunde nicht nur für Privatleute, sondern auch für unsere Gemeinden, Städte und Kreise. Es gilt insbesondere für den Ausstieg aus der Kooperation mit einem Unternehmen, dem der eigene Profit offenbar wichtiger ist als die Sicherheit und der politische Wille der Menschen auch in Siegen-Wittgenstein.
RWE hat unser Vertrauen verspielt!
Viele Grüße,
Euer Peter Neuhaus/Florian Kraft
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